Strategieseminar der Chiapas-Solidarität vom 31. Oktober bis 2. November 2003 in Gießen

In der Arbeitsgruppe "Solidarität mit den Zapatistas und Indigenas von Mexico" auf dem diesjährigen BUKO wurde beschlossen, die Diskussion im Oktober fortzusetzen. Dies erfolgte zum Monatswechsel Oktober/November unter Beteiligung von 31 Comp@s aus 16 Orten der BRD sowie aus Zürich. Leute aus Münster hatten taufrische Eindrücke aus Chiapas im Gepäck, die bei Besuchen in den Gemeinden sowie den neuen Strukturen (den "Caracoles" genannten Regionalverwaltungen der Zapatistas) gesammelt wurden. Dies schloss neben den eigenen Berichten zwei auf Video festgehaltene Interviews ein. Das erste Interview wurde mit dem Vertreter einer von Vertreibung bedrohten, in den Montes Azules gelegenen Gemeinde geführt. Über diese Gemeinde wurde bereits im Juni auf dem BUKO - auch damals von frisch Zurückgekehrten - berichtet. Obwohl die Situation dieser neuangesiedelten Gemeinde nach wie vor prekär ist, haben sich die Lebensverhältnisse im Vergleich zum Frühjahr spürbar verbessert. Die Vertreibungsbedrohung ist nach wie vor latent, aber der Wille zu bleiben ist stärker denn je, insbesondere unter dem Eindruck des Schicksals einer anderen Gemeinde, Arryo San Pablo. Die Bewohner von Arryo San Pablo hatten das Biosphärenreservat Ende Dezember 2002 unter "freiwilligem Zwang" verlassen, wobei Ihnen als Gegenleistung für die Räumung ihrer Siedlung Land versprochen wurde. Die dabei gesammelten Erfahrungen waren durchweg negativ. Nach fünfmaligem Wortbruch der Regierung und einer monatlangen Odyssee sind die ehemaligen Bewohner von Arryo San Pablo, deren Siedlung kurz ihrer Aufgabe von antizapatistischen Gruppen zerstört wurde, wieder in die Montes Azules zurückgekehrt.

Das andere Interview wurde mit zwei Repräsentanten vom "Empfangskomitees" des Caracol Oventik geführt und war die Einleitung für eine ausführliche Diskussion über die Vor- und Nachteile der neuen "Buen Gobiernos", die als ehrenamtliche Strukturen relativ großer regionaler Einheiten eine erhebliche Belastung für jene darstellen, die diese Arbeit einer autonomen Verwaltung leisten. Dem zapatistischen Motto "preguntando caminamos" folgend wird sich zeigen, wie sich diese Regierungsarbeit in der längerfristigen Zukunft gestaltet.

In einem zweiten Schwerpunkt berichteten zwei vom Radiosoliteam, über die Arbeit von Radio Insurgente, dem Radio der EZLN (nicht zu verwechseln mit dem halb geduldeten, illegalen Radiosender in San Cristobal), das seit Frühjahr 2002 auf UKW in Chiapas sendet. Anfangs waren es nur Musik und Hörergrüße, aber seit Beginn 2003 werden täglich 12 Stunden Programm ausgestrahlt, bestehend aus Musik, Grüßen und thematischen Sendungen (Nachrichten - einschließlich Außenpolitik, Stellungnahmen, Berichte über Menschenrechtsverletzungen, Frauenrechte, Aufforderungen an die Adresse der mexikanischen Sicherheitskräfte, Gesundheitsprogramme etc.). Das Programm gibt es in drei indigenen Sprachen (Chol, Tztzil, Tseltal), die entsprechend ihrer geografischen Verbreitung ausgestrahlt werden. Dies und die Qualität des Programms hat inzwischen zu einer guten Hörerbindung geführt ("Wenn man heutzutage in Chiapas durch die Dörfer geht, ist Radio Insurgente allgegenwärtig"). Das mobile Sendeteam arbeitet unter der mehr oder weniger permanenten Bedrohung durch Paramilitärs. Über das UKW- Programm hinaus gibt es ein (noch sehr störanfälliges) Kurzwellenprogramm der EZLN, das für die internationale Hörerschaft insbesondere in Lateinamerika gedacht ist. Von der im Aufbau befindlichen Homepage www.radioinsurgente.org sollen künftig speziell die Kurzwellensendungen herunterladbar sein, so dass diese von freien Radios in aller Welt übernommen werden können.

Die übrige Zeit des Treffens galt internen Diskussionen. Schließlich wurde die Stimmgewalt der Anwesenden genutzt, um der EZLN eine Geburtstagsständchen zum 20. Jahrestag ihrer Gründung und - ein paar Wochen verfrüht - zum 10. Jahrestag des zapatistischen Aufstandes zu bringen, das vom anwesenden freien Radio aus Marburg (Radio Unerhört) als mp3 aufgezeichnet und u.a. an die für Grußbotschaften an die EZLN verfügbare Mail-Adresse geschickt wurde (mono mp3, maximal 64 kB).

Ein Folgetreffen ist für Ende Februar oder Anfang März 2004, wiederum in Gießen, geplant. Ankündigungen hierzu über den Chiapas98-Verteiler (pcl@nexgo.de)
 

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